Die Legende vom Guajojó

ES GIBT EINE SCHÖNE BOLIVIANISCHE LEGENDE ÜBER DEN GUAJOJÓ, EINEN SONDERBAREN VOGEL, DER VOR ALLEM IN BOLIVIEN UND SÜDAMERIKA ZU HAUSE IST. 

"In der Tiefe des Waldes, wenn die Nacht völlig hereingebrochen ist, hört man plötzlich ein langgezogenes, wellenförmiges Geräusch, hoch, vibrierend, erschütternd. Man könnte sagen, ein Schrei oder eher ein langgezogenes Stöhnen, das in Tonhöhe und Intensität ansteigt und langsam verklingt wie das Schwingen einer Saite."

Es ist bekannt, dass der Gesang von einem einsamen Vogel stammt, der aus angeblich lautmalerischen Gründen „Guajojó“ genannt wird. Nur wenige Menschen haben ihn gesehen, und diese wenigen können nicht sagen, wie er aussieht und wo er nistet. Sie verweisen jedoch auf eine Legende, die auf die alten Zeiten zurückgeht.

Quelle:

Hernando Sanabria Fernández

Traditionen, Legenden und Geschichten aus Santa Cruz de la Sierra

Und so geht die Legende:
Es war einmal ein junges Mädchen, ebenso schön wie anmutig. Sie war die Tochter des Häuptlings eines Stammes, der auf einer Lichtung im Dschungel lebte. 
Sie liebte und wurde von einem jungen Mann desselben Stammes geliebt, der gut aussehend und mutig war, aber vielleicht ein zarteres Herz hatte, als das es ein Krieger haben sollte.

Als der alte Häuptling, der zugleich ein begnadeter Zauberer war, von dieser Liebesaffäre erfuhr, hielt er den jungen Mann seiner Tochter nicht für würdig und beschloss, der Romanze auf die einfachste und schnellste Weise ein Ende zu setzen. Er rief den Geliebten herbei und führte ihn mit Hilfe seiner magischen Künste in das Dickicht, wo er ihn vorsätzlich tötete.

Nach der langen Abwesenheit ihres Geliebten wurde das Mädchen misstrauisch und machte sich im Dschungel auf die Suche nach ihm. Als sie mit dem schmerzhaften Beweis seines Todes nach Hause zurückkehrte, wies sie ihren Vater schluchzend und schreiend zurecht und drohte, den Leuten von dem Verbrechen zu erzählen. Der alte Zauberer verwandelte sie augenblicklich in einen Nachtvogel, damit niemand erfuhr, was geschehen war. Aber die Stimme der unglücklichen Frau drang in die Kehle des Vogels, und durch sie klagte sie unaufhörlich über den Tod ihres Geliebten.